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Interview mit Miriam Ruhenstroth, Redaktionsleiterin mobilsicher.de
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Miriam Ruhenstroth

"Jedes Kind lernt irgendwann, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen und gleichzeitig sorgen Ampeln, Schilder und Kontrollen für immer mehr Ordnung. Und genauso wird es auch im digitalen Lebensraum sein – und das sieht man ja schon jetzt."

Sie sind Partner des Kindersoftwarepreises TOMMI. Bitte stellen Sie Ihre Institution in wenigen Worten vor.

Mobilsicher.de ist eine Informationsplattform für Verbraucher*innen speziell zum Thema Sicherheit und Datenschutz bei Smartphones. Kernstück ist die Webseite www.mobilsicher.de und der zugehörige YouTube-Kanal.
Beide Angebote werden von professionellen Journalist*innen betrieben und haben den Anspruch, Nutzer*innen auch ohne technisches Vorwissen verständliche, hochwertige und unabhängige Informationen zu bieten.
Hinter der Plattform stehen zwei gemeinnützige Vereine aus Berlin, der iRights e.V. und das Institut für Technik und Journalismus (ITUJ e.V.). Die Plattform wird derzeit durch eine Zuwendung des BMJV finanziert.

Welche Aufgaben übernehmen Sie beim TOMMI?

Für mobilsicher.de testen wir regelmäßig Smartphone-Apps - und zwar nicht nur von der Benutzeroberfläche her, sondern auch, was den Netzwerkverkehr betrifft. Das bedeutet, dass wir genau analysieren, welche Datenpakete eine App bei der Nutzung an welche Adressen im Internet senden.
Dieser Netzwerkverkehr ist ja bei der normalen Nutzung einer App gar nicht sichtbar. Oft verhält sich eine App ganz normal oder sogar erfreulich, aber im Hintergrund werden zum Beispiel Standortdaten ausgelesen und an Unternehmen gesendet, von denen der oder die Nutzer*in gar nichts weiß.
Als Mitglied der TOMMI-Jury wollen wir sicherstellen, dass nominierte und Preisgekrönte Apps auch „unter der Haube“ in Ordnung sind und nicht unbemerkt Nutzerdaten versenden.

Welche Intention verfolgen Sie als Partner beim TOMMI?

Handys und Games sind ein fester Bestandteil der Lebenswelt, in der Kinder heute aufwachsen – und sie können ein großer Gewinn sein. Aber wie in allen anderen Lebensbereichen muss man auch hier die Spreu vom Weizen trennen. Mit mobilsicher.de geben wir ja jetzt schon Nutzer*innen jede Menge gute Tipps und Werkzeuge an die Hand, um das besser zu bewerkstelligen.
Der TOMMI ist ein hervorragendes Instrument, auf diese „guten“ Angebote aufmerksam zu machen und ihnen eine Plattform zu geben. Das wollen wir unterstützen. 
Welche Rolle haben Ihrer Meinung nach Computerspiele und andere digitale Medien in der heutigen Kindheit?
Computerspiele und digitale Medien sind längst ein fester Bestandteil der kollektiven Kindheitserfahrung. So wie Kinder in unserer Generation mit Sesamstraße und Stunden am Festnetztelefon der Familie großgeworden sind, ist es heute eben Minecraft und WhatsApp.

Das Smartphone hat alles verändert. Welche Chancen entstehen daraus für Eltern und Pädagogen?

Durch die Smartphone-Ära entsteht ein ganzer neuer Lebensbereich für Kinder – und natürlich auch für Erwachsene. Dieser Lebensbereich will erkundet werden, aber er muss und kann auch aktiv gestaltet werden. Das ist die große Chance aber auch die Herausforderung an Pädagogen und Eltern, sich diesen Raum auch aktiv zu eigen zu machen.

Wo gibt es Probleme? Welche Lösungen sehen Sie für diese Probleme?

Ein großes Problem ist, dass die digitale Lebenswelt zunehmend von einigen wenigen, großen Konzernen dominiert wird. Ich denke, dass Kinder und Jugendliche kaum eine Chance haben wirklich zu durchschauen, wie vollständig diese Konzerne das gesamte digitale Umfeld bestimmen und gestalten.
Da geht es ja nicht nur darum, dass ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte App Marktführer ist. Durch die Plattformfunktion von Angeboten wie Facebook und YouTube müssen sich ja auch alle Player, die Ihre Existenz auf diesen Plattformen aufbauen, deren Regeln und deren Markt- und Aufmerksamkeitslogik unterwerfen.
Kinder und Jugendliche, die heute mit sozialen Medien und digitalen Plattformen großwerden, lernen intuitiv, wie man viele Likes und Klicks kriegt, welche Inhalte gut gerankt werden, was „viral geht“ und was eben nicht. Aber dieses ganze System der digitalen Sichtbarkeit ist ja nicht gottgegeben, es basiert auf den Algorithmen der dominierenden Konzerne. Und die haben primär wirtschaftliche Interessen.
Ich denke, das ist die größte Herausforderung, dass gerade Kinder, die in ein solches System schon hereinwachsen, begreifen, dass sie sich die Gestaltungshoheit auch wieder zurückholen können.

Ihre Vision von Kind im digitalen Zeitalter?

Da bin ich eigentlich ganz optimistisch. Ich vergleiche den digitalen Lebensraum ja gerne mit dem Straßenverkehr. Der bringt ja auch jede Menge Gefahren und Risiken mit sich – aber er bringt eben auch ungeheure Vorteile.

Jedes Kind lernt irgendwann, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen und gleichzeitig sorgen Ampeln, Schilder und Kontrollen für immer mehr Ordnung. Und genauso wird es auch im digitalen Lebensraum sein – und das sieht man ja schon jetzt.